Search-Traffic weg. Zwischen Doomsday und Optimismus
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Search-Traffic weg. Zwischen Doomsday und Optimismus

Joachim Dreykluft · 17 Juni, 2025

Selten habe ich solch ein lautes und breites Meinungsspektrum aus unserer Branche gehört wie zu der nicht nur von mir geäußerten These „Search Traffic? Das war’s dann wohl”. Eines ist klar: Alle reden drüber. Viele mit Sorgen im Gesicht.


Fangen wir mal mit den Optimisten an. Eine Führungskraft aus einem Verlag, der strategisch explizit auf Reichweitenvermarktung setzt, konfrontierte mich auf der beBeta in Berlin mit folgender These: Wenn Google durch die „Übersicht mit KI” zu Beginn der Suchergebnisse weniger Reichweite ins Internet schickt (weil vielen Google-Nutzern die KI-Antwort reicht), sinke ja die Gesamtreichweite im Netz, ergo die Zahl der Werbeplätze. Also müssten die Preise steigen. Oha.


Auf der beBeta-Bühne hingegen vertrat Rechtsanwalt Thomas Höppner die These, alles werde ganz schlimm. Auch Googles Discover werde kurzerhand durch irgendwas mit KI ersetzt. Und dann falle auch diese Reichweite weg, die für viele Verlage schon heute wichtiger ist als die durch die Google-Suche.


Überhaupt: Discover. Wichtig scheint mir in der Diskussion die Differenzierung zwischen der klassischen Suche und Discover. Bei der Suche stellen sich vor allem in den USA Verlage darauf ein, dass hier schon ganz schnell nichts mehr zu holen sein wird. Ein Beispiel: „The Atlantic is operating on the assumption that search traffic will go to zero.”


Bei Discover gehen viele, darunter auch ich, im Gegensatz zu Höppner davon aus, dass hier in den nächsten zwei, drei Jahren noch stabile Reichweite, vielleicht sogar Wachstum möglich ist. Was dann kommt: Wer weiß? Die unemotionalste Meinung, die ich dazu gehört habe: „Was soll ich mir heute Gedanken machen über meine Probleme von morgen?”


Aufgeregt sind gerade Experten, die Verlage bei SEO unterstützen. Denn herrscht auf Publisher-Seite erst einmal die Meinung, SEO sei sinnlos weil Search tot, haben sie natürlich ein Problem. Meine Erwartung: Discover-Optimierung, in vielen Verlagen bisher nicht fokussiert, wird in den nächsten Monaten bis Jahren ein Riesenthema. „Large Language Model Optimization“ (LLMO) wird ein neues Betätigungsfeld.


Google selbst versucht uns unterdessen zu veräppeln: „Wir beobachten, dass die Nutzer, wenn sie auf diese Links (aus den KI-Ergebnissen) klicken, mehr Zeit auf diesen Seiten verbringen. Die Qualität dieser Klicks hat sich also verbessert”, zitiert Medieninsider den Google-Suchmaschinenchef Pandu Nayak. Ernsthaft?


Mein Lesetipp für alle, die den Humor nicht verlieren wollen, stammt vom Journalisten und Karikaturisten Peter „Bulo” Böhling. „Das eigentliche Höllenfeuer bekommt jetzt erst seine richtige Betriebstemperatur!”, schreibt er sarkastisch in Richtung Verlagschefs. Und empfiehlt ihnen, sich zusammenzuschließen, um gemeinsam besser mit Google verhandeln zu können: „Also nicht rumdöpfnern, sondern rudelbumsen.” Okay. Aber Corint gibt es doch schon?


Joachim Dreykluft ist Head of Data & AI Strategies bei Upscore.